Meine ganz persönliche Sicht zu Saarloos Wolfhunden

Sie wollten Informationen über Saarloos Wolfhunde. Ich möchte Sie dennoch bitten, zuerst diese Seite zu lesen! Es liegt mir sehr am Herzen, daß Sie ehrlich über den Inhalt nachdenken. Danke.

Mag sein, daß man mich einen Nestbeschmutzer nennen wird, oder mir Verrat an der Rasse vorwirft (oder gar Profitschmälerung!), aber ich hoffe, daß jeder, der ehrlich mit sich selbst ist, und sich nicht in die Tasche lügt (auch ich habe mich lange Zeit blenden lassen, mich belabern lassen, mir in die Tasche gelogen) früher oder später mir zustimmen wird.

Über 9 Jahre in der Szene um die Saarloos Wolfhunde hat mir einiges deutlich gemacht. Da sich Menschen mit der Zeit weitererentwickeln, sich die Einsichten vertiefen und Erkenntnisse Zeit brauchen, um zu reifen, habe ich heute eine sehr differenzierte Einstellung zum Thema Saarloos:

Es sind nach wie vor die faszinierendsten Hunde, die ich jemals kennengelernt habe. Das wird auch wahrscheinlich immer so bleiben. Die Saarloos, mit denen ich zusammenleben konnte und durfte sind und waren einmalige Charaktere, die ihresgleichen nicht finden.

Dennoch habe ich mit Bedauern beschlossen, daß Riva der Letzte Saarloos in meinem Haus sein wird.

Würde ich mir wieder einen Swh anschaffen wollen, dann müßte ich dafür sorgen, daß weiter gezüchtet wird. Aus verschiedenen Gründen ist dies aber nicht mehr mein Bestreben:

Wer ganz und gar mit sich selbst ehrlich und mit der Welt kritisch ist, wird nicht daran vorbeikommen, zuzugeben, dass die meisten Swh mehr oder weniger große Scheuheit zeigen. Diese Scheuheit wird gerne als "gesundes Misstrauen" dargestellt.

Mistrauen aber äussert sich nicht in Zittern, Rute klemmen, weitaufgerissenen Augen, panikartiger Flucht, hektischem hin- und herblicken und fast-auf-dem-Bauch-kriechen. All dies sind Zeichen von ANGST.

Diese Angst nimmt den Tieren aber doch erheblich viel Lebensqualität: eigentlich will der Hund ja immer bei seinen Menschen sein, aber ein Besuch in einer Kneipe oder ein abendlicher Bummel durch eine Fußgängerzone ist für viele ein unglaublicher Stress.

Obwohl wir nun seit einem Jahr hier wohnen und wir täglich durch diesen Ort gehen, versetzen so einfache Dinge wie schnell hochgezogene Rolläden Riva immer noch in Schrecken. Um jeden fremden Hauseingang wird ein weiter Bogen gemacht: es könnte ja ein Fremder herausspringen und ihr etwas tun wollen. Riva ist kein Einzelfall.

Es gibt Leute, die haben Riva immer wieder erlebt und erkennen die Forstschritte, die sie in den 7 Jahren ihres Lebens gemacht hat. Sie ist heute weniger scheu als mit 6 Monaten, aber es hat auf beiden Seiten unendlich viel Nerven gekostet. Ganz zu schwiegen von der Zeit.

Einige Exemplare können ihr Dorf nie verlassen, weil sie das in wahre Existensängste versetzt.

Fazit: Man neigt immer mehr dazu, dem Hund den Streß zu ersparen. Der Hund bleibt also immer öfter alleine zu Hause, wird zurückgelassen. Egal, wie groß der Garten sein mag, egal, wieviele Hunde noch da sind: sein Nabel der Welt - seine Menschen - fehlt. Unter dieser Situation leidet der Hund, denn seine Welt wird immer kleiner, eintöniger, langweiliger.

Natürlich gibt es auch freie Swh, die Fremde Menschen mögen und die auch in einer Fußgägnerzone das Leben geniessen können. Aber sie sind Ausnahmen :-(

Seien Sie ehrlich mit sich selbst: glauben Sie, die wenigen angstfreien Tiere sind die vielen, die ein mit großen Ängsten beladenes Leben führen müssen, wert? Haben Sie einmal versucht, objektiv den Preis einzuschätzen, den die ängstlichen Tiere ein Leben lang für die wenigen freien bezahlen müssen? Wer kann einem Hund ein Leben in Angst wünschen?

Ich nicht.

Riva tut mir jedesmal leid, wenn sie mal wieder in eine in ihren Augen bedrohliche Situation gerät. Ihr entgeht damit so viel, was anderen Hunden durchaus Spass macht. Leider ist unser Leben heute nicht das eines einsamen Waldläufers. Wir leben in einer hochzivilisierten, dichtbesiedelten Umwelt - und der Saarloos Wolfhund ist dem nicht gewachsen.
Einen Omnibus zu benutzen versetzt Riva in grosse Angst: sie zittert und wagt es nicht, sich von der Stelle zu rühren!
Mehr als ein Tierschützer vertritt die Ansicht, daß die Angst der Swh durchaus tierschutzrelevant sei (im Klartext: Man verletzt das TSchG, weil man bewußt Tiere züchtet, die in ihrem Empfinden eingeschränkt sind!)
Auch ich wollte das früher nicht wahrhaben. Heute stimme ich ihnen zu.

Aus diesem Grund werde ich ganz sicher nie mehr Swh züchten. Denn auch wenn der Züchter es bedauert, daß aus einem Wurf auch scheue Welpen hervorgehen (und das kann man nie verhindern oder vorhersagen), so nimmt der Züchter das doch billigend in Kauf.

Wofür?

Geld? Prestige? Zum Wohle der Rasse (bei einer Rasse, die zum Großteil aus ängstlichen Tieren besteht: zu wessen Wohl)?

Wie auch immer die Beweggründe sein mögen, in meinen Augen ist keiner eine Rechtfertigung zur Förderung einer Rasse, die sich in Angst ergeht. Denn vor dem Wohle der Rasse steht das Wohl des Individuums - das muß ich als Züchter im Auge haben: Meiner Hündin muß es jederzeit klasse gehen (geistig und körperlich), die nächste Sorge muß dann den Welpen, ihrer Aufzucht, Prägung und Unterbringung gelten. Erst dann kommt das "Wohl der Rasse".

All das kann sich ändern. Es liegt bei den Züchtern, die Situation der Tiere maßgeblich zu verbessern. Solange aber der wilde, scheue Wolf das Vorbild ist; solange Pokale und Winkelungen, kleine Ohren und gelbe Augen die Dinge sind, um die die Gedanken der Züchter kreisen, solange werden die Hunde nicht aus diesem Angstloch herauskommen.

Deswegen mache ich da nicht mehr mit.

Es gibt wichtigere Dinge auf dieser Welt, denen ich meine Energie widmen möchte.

 


Home | up | mail mir!